Einer der mutigsten Männer des Dreißigjährigen Krieges stand an der Seite der Gefolterten und Todgeweihten: Friedrich Spee von Langenfeld, Jesuit, Barock-Dichter, Beichtvater und Humanist. Er schrieb einen Anti-Hexenhammer (Cautio CRIMINALIS), überlebte einen Mordanschlag und entkam seinen Fallenstellern, unter ihnen auch Mitbrüder aus der Societas Jesu.

Der Mann, der ihn erschießen wollte, der Tuchhändlerssohn Till Rothmann, Protestant aus Peine, verlor Vater und Schwester an die Hexenbrenner und … traf Pater Spee noch ein zweites Mal.

Pater Friedrich Spee lebte „zwischen Zorn und Zärtlichkeit“. Er starb 1635 in Trier.

In diesem Roman wird er wieder lebendig.


Claus-Peter Lieckfeld
Anwalt der Hexen
Paperback - 12,50 €
ISBN 9783939356233

Bestellbar ab 15. November 2011.



Claus-Peter Lieckfeld
Der Anwalt der Hexen
Roman


Friedrich Spee* (1591 – 1635) gilt als die überragende humanistische Gestalt in Zeiten des Dreißigjährigen Krieges, sein Buch Cautio Criminalis als die Urschrift des moralisch-juristischen Traktates. Die drei ereignisreichsten Jahre seines Lebens – von April 1639 bis April 1642 – stehen im Mittelpunkt des Romans. Die Parallelhandlung folgt dem (fiktiven) Lebensweg von Till Rothmann, dem Sohn eines Tuchhändlers aus Peine. Spees und Rothmanns Reisen durch Zeit und Raum hinterlassen Spuren. Aus ihnen lässt sich lesen, wie es Menschen gelingen kann, religiös verbrämte Ideologien hinter sich zu lassen, sich von Dogmen zu lösen und zur Menschlichkeit ohne Wenn und Aber zurückzufinden.


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Mitten im Dreißigjährigen Krieg, 14 Tage nach dem Osterfest des Jahres 1629, reitet der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld von Peine nach Wohltorf. Der Hufschlag seines Pferdes klopft ihm das Versmaß. Der Pater ist nicht nur der Scharfmacher und Exekutor der Gegenreformation in der Stadt Peine, er ist auch ein sensibler Dichter feingesponnener Lyrik („O Heiland reiß den Himmel auf“). Plötzlich galoppiert ein Verfolger heran und feuert auf Spee. Er verfehlt ihn und versucht mit dem Säbel zu vollenden, was ihm mit der Pistole misslang. Spee entkommt mit knapper Not und predigt blutüberströmt in Woltorf, bis er auf der Kanzel zusammenbricht.


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Der gescheiterte Mörder muss wohl (dieser manifeste Verdacht ist geschichtlich verbürgt) aus dem Kreis der Protestanten stammen! Denn die Lutherschen zu vertreiben – sofern sie sich nicht zur Alleinseligmachenden Kirche bekehren – hatte Spee wortmächtig gefordert. Ein Tatverdächtigter, der evangelische Pastor Kern, kann seine Unschuld beweisen, indem er seinen Hintern entblößt: Mit einem von Furunkeln übersäten Arsch kann selbst der Hartleibigste nicht reiten. Pastor Kern führt die Schar der Religionsflüchtlinge aus Peine Richtung Höxter an der Weser. Unterwegs wird er von (der von ihm selbst angeheuerten) Schutztruppe, die, wie sich herausstellt, aus geldgierigen Gaunern besteht, gefoltert und ermordet.


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Währenddessen flieht Till Rothmann, Sohn des angesehenen Tuchhändlers Tobias Rothmann und gescheiterter Spee-Attentäter, aus Peine nach Schweden ins Heerlager Gustav Adolfs. Wut und Scham darüber, den „papistischen Räuber“ verfehlt zu haben, treiben ihn stärker um als die Angst, gefasst zu werden.


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Die vertriebenen Lutherschen aus Peine erreichen das protestantische Höxter. Dort werden sie aufgenommen. Ihre Tüchtigkeit macht sie schnell zu Konkurrenten der Alteingesessenen. Als eine Naturkatastrophe die Fremden begünstigt, quillt fauliger Nährboden auf: Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen! Till Rothmanns Vater, Tobias Rothmann – nach Pastor Kerns Ermordung Führer der Peiner Schar im Exil - und seine Schwester Meta werden der Hexerei angeklagt. Höxters Regent Gero von Eberstein, der die Flüchtlinge eingeladen und aufgenommen hatte, macht sich zum Chefankläger. An Zeugen fehlt es nicht. Die allgemeine Hysterie wird nach allen Regeln des Hexenhammer instrumentalisiert.


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Till Rothmann erreicht das Winterlager von Gustav Adolf. Der Schweden-König rüstet sich für den Sprung nach Deutschland. Seine Kenntnisse im Tuchhandel verschaffen Till einen guten Posten im Tross des Heeres und auch die Gelegenheit, die junge schwedische Weberin Selma kennenzulernen, die mit dem Heer zieht. Für Till fügt sich alles so, wie er es sich vorstellt: Mit Gustav Adolf im Deutschen Reich den rechten Glauben wieder aufrichten und zugleich sein Erbe, den Tuchhandel in Peine, zurückgewinnen.


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Pater Spee verlässt, noch nicht ganz genesen, Peine und nimmt eine Stelle als Lehrer im Paderborner Jesuiten-Kolleg an. Seine lectiones und mehr noch seine Attacken gegen den Hexenwahn machen ihn rasch zum „hellen Stern“ auf dem Katheder. Hinter seinem Rücken jedoch wuchert bösartiger Kollegenneid.

Anonym veröffentlicht Spee seine „Cautio Criminalis“ (von der Nachwelt** immer wieder als „Anti-Hexenhammer“ bezeichnet) in der das Geständnisse-Herbei-Foltern und das Hexen-Verbrennen als übler, Spuk entlarvt und beklagt werden. Das Buch wird binnen kurzer Zeit zum geheimen „Bestseller“. Aber Spee wird - auch und gerade aus den eigenen Reihen – mit Intrigen und Verleumdungen verfolgt. Das steigert sich fast bis zu Ordensverweis, Berufsverbot und Androhung des Scheiterhaufens. Doch seine Studenten und das einfache Volk stehen auf seiner Seite. Eine junge Hure, die gedungen wird, Spee in eine kompromittierende Situation zu bringen, verweigert sich – was ihr nicht gut bekommt.


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Till Rothmann segelt mit Gustaf Adolfs Heer im Frühjahr 1630 über die Ostsee nach Usedom. Das Winterlager 1630/31 bei Stettin schult ihn in der Kunst, auch private Schlachten in der Etappe zu gewinnen. Aus der Zuneigung zu Selma wird eine feste Bindung. Von der Ostseeküste rückt er im Frühjahr 1631 mit einem Voraustrupp gegen Frankfurt an der Oder vor. Dort erlebt er, anläßlich der Eroberung der Stadt, das Grauen des Krieges unmittelbar. Er beginnt daran zu zweifeln, dass Adolf „Der Löwe aus Mitternacht“ ein Heilsbringer und Befreier ist. Die Ideologie des gottgewollten, gerechten Krieges bekommt für Till Rothmann erste, fundamentale Risse.

Als Till in den rauchenden Trümmern von Frankfurt erfährt, dass sich seine Familie ins protestantische Höxter geflüchtet hat, desertiert er und macht sich gemeinsam mit der geliebten Selma in Richtung Weser auf. Sie funktionieren einen Karren aus Gustav Adolfs Kriegsfundus um, machen daraus einen Thespiskarren und ziehen als Gaukler und Jahrmarktspieler von der Oder an die Weser. Dort erfährt Till, dass sein Vater Tobias und seine Schwester Meta als Zauberer und Hexe verbrannt wurden. Till setzt in Höxter seine Rache mit Feuer und Wasser in Szene.


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Spee muss der Paderborner Geistlichkeit, die sich vor dem siegreichen Gustav Adolf fürchtet, nach Köln folgen, in die Stadt, die als einizge unter den größeren im 17. Jarhundert als absolut uneinnehmbar gilt. In Köln zieht sich die Schlinge um Spees Hals gefährlich eng zusammen. Köln ist eine Hochburg der Hexenjäger – klerikaler wie weltlicher. Wer die Hexenjagd fundamental anzweifelt, gar die Argumente der Hexenschnüffler und –brenner haarklein seziert und eindrucksvoll widerlegt, der rüttelt nicht zum wenigsten auch an katholischen, beziehungsweise jesuitischen „Glaubenswahrheiten“. Als der amtierende Jesuiten-General Mutio Vitelleschi in Rom seine schützende Hand von Spee zurückzieht, scheint der „Beichtiger der Frauen und Anwalt der Hexen“ unrettbar verloren.


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Eine Reihe von Ereignissen drängt Till Rothmann erneut ins Kriegsgeschehen. Getarnt als „italienischer Maler” soll er strategisch verwertbare Zeichnungen der Kölner Befestigungsanlagen anfertigen. Gustav Adolf, der von Sieg zu Sieg eilend durch Deutschland gen Süden zieht, will nach Möglichkeit kein katholisches Bollwerk im Rücken haben. Aber Till, der Spion wider Willen, ist am „gerechten Morden“ irregeworden. Er trifft in Köln abermals auf Spee – den zu ermorden ihm drei Jahre zuvor misslang. Diesmal liegt sein Leben in Spees Hand.

Zuletzt verschränken sich Spees Lyrik und die Verse des dichtenden Tuchhändlersohnes Till Rothmann wie Reim und Kehrreim. Zwei Dissidenten-Schicksale geraten in Verbindung – das eine katholisch, das andere evangelisch. Und das Ende der Geschichte ist zugleich ein Anfang.

* siehe auch den wikipedia-Eintrag zu Friedrich Spee

** epochal unter anderem auch deshalb, weil hier erstmals in der neuzeitlichen juristischen Literatur von der „Unschuldsvermutung“ augegangen wird. Und weil die Folter als illegitimes Mittel der Wahrheitsermittlung erkannt, entlarvt wird... etc... etc


Lesen Sie auch den Tagesspiegel-Artikel über Friedrich Spee